Sensoren mit Adlerblick: Extrem leistungsfähiges Linsensystem entwickelt

Adler sind in der Lage, aus drei Kilometern Höhe eine Maus zu erkennen. Gleichzeitig haben Adler ein sehr weites Sichtfeld, damit sie feindliche Vögel und andere Tiere wahrnehmen können, die sich von der Seite nähern. Physiker der Universität Stuttgart haben nun im 3D-Druck Sensoren hergestellt, die das Adlerauge auf kleiner Fläche nachbilden. 

Detailfoto der vier verschiedenen Linsen auf dem CMOS-Sensorchip
Die vier verschiedenen Linsen auf dem CMOS-Sensorchip. Bild © Universität Stuttgart/ PI 4

Der Grund für den sprichwörtlichen Adlerblick sind extrem viele Sehzellen in der zentralen Fovea, einer Einsenkung im Zentrum des Gelben Flecks, dem Bereich des schärfsten Sehens. Zusätzlich haben Adler eine zweite Fovea am Augenrand, die für scharfe Sicht nach den Seiten sorgt.

Physiker haben sich jetzt vom Adlerblick inspirieren lassen und ein extrem leistungsfähiges Linsensystem entwickelt, das sich vor allem für den Automotive-Bereich, genauer das autonome/automatisierte Fahren eignen soll: Wie ein Adler soll das Fahrzeug durch eine Kamera nach vorne besonders scharf sehen, Hindernisse erkennen und den Abstand zum Vordermann einschätzen, trotzdem soll aber auch zur Seite hin das Sichtfeld im Blick gehalten werden. Bisher brauchte man dazu eine ganze Reihe von Kameras und Sensoren rund um das Fahrzeug oder eine rotierende Kamera auf dem Dach.

CMOS Sensor mit jeweils vier Linsen unterschiedlicher Brennweite
CMOS Sensor mit jeweils vier Linsen unterschiedlicher Brennweite für das „Foveated Imaging“. Bild: © Universität Stuttgart/ PI 4

Simon Thiele vom Institut für Technische Optik und seine Kollegen um Harald Giessen vom 4. Physikalischen Institut an der Universität Stuttgart haben jetzt einen Sensor entwickelt, der dieses Adlerauge auf kleiner Fläche nachbildet. Die Forschung war unter dem Dach des Forschungszentrums SCoPE der Universität Stuttgart angesiedelt und konnte dank neuester 3D-Druck-Technologie der Karlsruher Firma Nanoscribe realisiert werden.

Die Stuttgarter Forscher druckten direkt auf einen hochauflösenden CMOS-Chip einen ganzen Satz von Mikro-Objektivlinsen, die verschiedene Brennweiten und Sichtfelder haben. Die kleinste Linse hat eine Brennweite, die einem Weitwinkelobjektiv entspricht, dann folgen zwei Linsen mit eher mittlerem Sichtfeld, und die größte Linse hat eine sehr lange Brennweite und ein kleines Sichtfeld, wie ein typisches Teleobjektiv.

Der 3D-Drucker stellt die Linsen mithilfe der so genannten Zweiphotonen-Polymerisation passgenau direkt auf dem CMOS Chip her. Bei diesem Verfahren werden zwei Photonen aus einem roten Femtosekunden-Laserpuls im Fotolack absorbiert und wirken wie ein blaues Photon, das den Vernetzungsprozess im flüssigen Fotolack in Gang setzt. Mithilfe eines Scanners wird so Lage um Lage der Freiform-Linsenstruktur geschrieben.
Alle vier Bilder, die die Linsen auf dem Chip erzeugen, werden gleichzeitig elektronisch ausgelesen und verarbeitet. Dabei setzt ein kleines Computerprogramm das Bild so zusammen, dass im Zentrum das hochauflösende Bild des Teleobjektivs dargestellt wird und ganz außen das Bild des Weitwinkelobjektivs.

Die Forscher testeten ihre neuartige Kamera an verschiedenen Testobjekten und konnten die Verbesserung der Auflösung im Zentrum dieses so genannten „foveated imaging“ Systems nach eigenen Angaben „klar nachweisen“.

[Quelle, Bilder: Universität Stuttgart/ PI 4]

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