Voraussichtlich ab 2018 wird es beim Euro NCAP-Crashtest zunehmend unwahrscheinlicher, dass die von vielen Fahrzeugherstellern angestrebte Bestnote „fünf Sterne“ mit einem auf nur einem einzigen Sensor basierenden System erreichbar sein wird. Davon geht zumindest der Automobilzulieferer Continental aus.
Zukünftig werden Sensorsysteme notwendig sein, die die Leistung heutiger Konzepte von Fernbereichsradar oder Monokamera übertreffen. Nur so ließen sich die erwarteten Anforderungen erfüllen. „Mit einer skalierbaren Produktfamilie bei Radarsensoren und Monokameras unterstützen wir die Automobilhersteller mit einem umfangreichen Produktportfolio bei deren Griff nach den Sternen im Euro NCAP-Rating“, so Karlheinz Haupt, Leiter des Geschäftsbereichs Fahrerassistenzsysteme bei Continental.
Laut der 2020 Roadmap von Euro NCAP, werden die Testszenarien ab 2018 so vielfältig und anspruchsvoll, dass zur Erfüllung ein Multi-Sensorkonzept (mit Sensor-Fusion) notwendig sein wird. Dies ist vor allem im Hinblick auf die reale Wirksamkeit auf der Straße relevant, weil die Randbedingungen dort viel breiter streuen, als es sich in einem Testszenario abbilden und standardisieren lässt. Um die Vision Zero – die Vision vom unfallfreien Fahren – zu realisieren, wird sich das Verhalten von Fahrerassistenzsystem im Feld – also im realen Straßenverkehr – als entscheidend erweisen. Dies einfach deshalb, weil über die Vision Zero nicht auf den Testgeländen rund um den Globus entschieden wird, sondern im Realbetrieb. Für das unfallfreie Fahren wird folglich die hohe Verfügbarkeit, die Robustheit und Entscheidungssicherheit von Fahrerassistenzsystems im Feld ausschlaggebend sein. Hier gilt: Mit einem hoch verfügbaren, robusten System lassen sich mehr Unfälle verhindern.
Basierend auf der Erfahrung seit 1999 mit Notbremssystemen im weltweiten Einsatz und dem Wissen der physikalischen Grenzen beziehungsweise Stärken einzelner Sensor-Technologie setzt Continental auf Radar als den Grundbaustein vorausschauender Sicherheitssysteme. Die Kamera wird als perfekte, komplementäre Ergänzung eingesetzt, um möglichst viele Unfallszenarien abdecken zu können, so auch das ungewollte Verlassen der Spur, da die Monokamera nicht nur Fahrbahnmarkierungen sondern auch Randbegrenzungen wie Randsteine und Leitplanken erkennt. Neben einem Spurhalteassistenten sind weitere Funktionen wie die Verkehrszeichenerkennung und ein Fernlichtassistent einfach zu realisieren. Die Monokamera wird dabei als skalierbare Plattform angeboten, mit der je nach Herstellerwunsch eine oder mehrere Funktionen umgesetzt werden können.
„Bei der Kombination von Radar und Kamera nutzen wir die Stärken der verbauten Sensortechnologien. Die physikalischen Limitierungen einer einzelnen Technologie fällt im Gegensatz zu einem Mono-Sensorkonzept weniger ins Gewicht“, erklärte Christian Schumacher, Leiter Customer Programs im Geschäftsbereich Fahrerassistenzsysteme. „Vorteile in der Radartechnik liegen in der höheren Robustheit bezüglich unterschiedlichster Witterungsbedingungen, während eine Kamera bei schlechtem Wetter wie Nebel oder Sprühregen und bei wechselnden Sichtverhältnissen Gegenlicht oder eine nasse Fahrbahn bei aufklarendem Wetter mit Sonnenschein häufig größere Schwierigkeiten hat.“
Für eine Kamera ist die physikalische Limitierung als optischer Sensor vorgegeben: Bei fehlendem Kontrast zwischen den Pixeln – entweder durch Überstrahlen oder durch mangelndes Licht – ist keine sichere Objekterkennung möglich. Durch spezifische Aufgabenbereiche haben beide Technologien ihre jeweiligen Vorteile, so dass es ein Miteinander zweier spezialisierter Sensortechniken ist, die zukünftig durch Fusionsansätze noch höherwertigere Assistenzfunktionen ermöglichen werden. So bietet die Kombination von Fernbereichsradar und Monokamera beispielsweise eine redundante Objekterkennung und ermöglicht verbessertes, autonomes Notbremsen in einem Geschwindigkeitsbereich bis 80 km/h.