Das CAR-Symposium bleibt einer der wichtigsten Branchentreffs der Automobilindustrie: Mit rund 1.100 Teilnehmern konnte das 17. CAR-Symposium in diesem Jahr einen neuen Rekordwert verzeichnen. Im Bochumer Ruhr-Congress konnte die Universität Duisburg-Essen zudem erneut prominente Keynote-Speakter gewinnen.
Im ersten Teil des CAR-Symposium 2017 sprachen Harald Krüger, CEO BMW Group, und Prof. Stefan Hell vom Max-Planck-Institut Göttingen über disruptive Technologien und Innovationsprozesse in der Automobilindustrie und in der Wissenschaft.
Harald Krüger warb darum, disruptive Veränderungen als Chance zu begreifen. „Dadurch haben wir die Möglichkeit, völlig neue Kundengruppen zu erreichen“, so der BMW-Chef. Auch wenn nur 10 Prozent der Innovationen tatsächlich in den Verkauf gingen, lohne sich die Investition in neue Technologien. Wichtig sei, dass Unternehmen nicht nur aktuelle Trends verfolgten, sondern auch einen klaren Mehrwert bieten: Der Kunde müsse im Fokus der Innovationsprozesse stehen. Wichtig sei zudem, frühzeitig neue Trends zu entdecken. „Niemand hat das Smartphone vermisst, als es noch nicht da war. Jetzt will es niemand mehr missen“, fügte der Vorstandsvorsitzende der BMW Group schmunzelnd hinzu.
Um die eigene Innovationskraft zu stärken, arbeite die BMW AG mit Start-Ups und Trend-Scouts zusammen. Krüger: „Immer öfter kommen heute Innovationen von jungen Unternehmen. BMW investiert in viele junge Start-Ups, um Potenziale früh zu erschließen und zu nutzen“. Innovationen seien für BMW zugleich auch die Voraussetzung, um Premiumpreise am Markt durchsetzen zu können.
Vor allem im Bereich des Automatisierten/Autonomen Fahrens sei die Zusammenarbeit mit starken Partnern von zentraler Wichtigkeit: „Unsere Kooperationen etwa in der Sensorik und bei der Umfelderkennung mit Mobileye und Intel verschaffen uns Zugang zu spezifischen Technologien. Und dieses spezifische Know-How führt zu schnelleren Innovationen“, ist Harald Krüger überzeugt.
Die Marktreife des Autonomen Fahrens sei noch viele Jahre entfernt. Krüger betonte, dass BMW autonom fahrende Autos erst dann ausliefere, wenn diese absolut sicher seien: „Bis wir diese sicher auf die Straße schicken, wird noch Zeit vergehen“, erwartet der BMW-Chef.
Nobelpreisträger Prof. Stefan Hell vom Max-Planck-Institut Göttingen ließ das Auditorium in seinem launigen Vortrag an seinen persönlichen Erfahrungen in Sachen Disruption und Innovation teilhaben. Prof. Hell erhielt 2014 den Chemie-Nobelpreis für die Entwicklung superauflösender Fluoreszenzmikroskopie. Entgegen der Erwartungen hielt sich die etablierte Industrie gegenüber der neuen Technologie sehr zurück. „In meinen Augen hat die Industrie diese Innovation nur sehr halbherzig angenommen“, kommentiert Prof. Hell.
Kurzerhand gründete der Biophysiker 2012 ein eigenes Unternehmen, um seine Mikroskopie-Technologie selbst zu vermarkten. Seitdem konnte das mit gerade einmal 200.000 Euro Startkapital ausgestattete Unternehmen jedes Jahr seinen Umsatz verdoppeln.
Auf die Frage, warum die etablierte Konkurrenz im Bereich der Mikroskopie die Chance verstreichen ließ, auf die neue Technologie aufzuspringen, hat Hell mit einigen Jahren Abstand gleich mehrere Antworten:
- Die Unternehmen mussten sozusagen raus aus der Komfortzone
- Die technischen Herausforderungen wurden überschätzt, weil die Entscheider zuwenig technisches Know-How besaßen
- Die Marktentwicklung hingegen wurde unterschätzt
Prof. Hells Standpunkt zur Disruption: „Falls das Konzept technisch solide ist und der Bedarf für das Produkt groß ist, wird es nicht zu stoppen sein.“