E-Lkw: Wie viele Schnellladestationen werden in Europa benötigt?

E-Lkw haben bekanntermaßen eine geringere Reichweite im Vergleich zu Diesel-Lkw. Eine umfangreiche und gut platzierte Ladeinfrastruktur ist also notwendig, um die Verbreitung von E-Lkw zu unterstützen. Derzeit fehlt es an ausreichend öffentlichen Schnellladestationen, insbesondere entlang wichtiger Fernverkehrsrouten. Eine Studie des Fraunhofer ISI und von Amazon liefert wichtige Erkenntnisse hinsichtlich der optimalen Anzahl und Standorte öffentlicher Schnellladestationen für den Langstrecken-Lkw-Verkehr in Europa. 

Batterie-elektrische Lkw wie dieser Mercedes e-Actros von Logistikunternehmen Große-Vehne müssen laden. Bild:
Mercedes-Benz Trucks

Um die Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor im Allgemeinen und schwerer Lkw im Besonderen zu verringern, müssen die EU-Mitgliedstaaten in den kommenden Jahren eine Infrastruktur für alternative Kraftstoffe aufbauen. Dazu gehört auch der Ausbau der öffentlichen Schnellladeinfrastruktur für Lkw entlang von Autobahnen. Eine EU-Verordnung legt bereits konkrete Mindestziele für die öffentliche Lkw-Ladeinfrastruktur für alle EU-Mitgliedstaaten fest: So soll es in Deutschland bis 2030 insgesamt rund 300 Lkw-Ladestationen geben, europaweit mehr als 2.000. Angesichts der begrenzten Reichweite von batterieelektrischen Lkw im Vergleich zu Diesel-Lkw stellt sich die Frage, wie viele Schnellladestationen in Europa benötigt werden.

Optimale Ladestandorte für den Lkw-Fernverkehr

Bislang gibt es allerdings erst wenig Erkenntnisse über optimale Ladestandorte für den Lkw-Fernverkehr in Europa. Auf Grundlage des berechneten Verkehrsaufkommens für 2030 und 1,6 Millionen Lkw-Fahrtenkombinationen hat die Studie des Fraunhofer ISI und von Amazon mit Hilfe des Open-Source-Tools CHALET von Amazon 20.000 potenzielle Standorte für Lkw-Ladestationen entlang europäischer Autobahnen analysiert.

Abdeckung des E-Lkw-Verkehrs mit 1000 Ladestationen

Die Ergebnisse zeigen, dass bei einem Anteil von 15 Prozent batteriebetriebener Lkw im Fernverkehrsbestand 1000 optimal ausgewählte Ladestationen verteilt über Europa 91 Prozent des E-Lkw-Fernverkehrs abdecken könnten. Das ist überraschend, da die Anzahl der in der Studie vorgeschlagenen Standorte geringer ausfällt als die EU-Mindestinfrastrukturziele. Bei ihren Berechnungen gingen die Autoren konservativ vor: Sie nahmen kein Depotladen an und legten eine Praxisreichweite von nur 400 km zugrunde, die einige neue Batterie-Lkw-Modelle bereits heute überschreiten.

Die spezielle Herausforderung formuliert Dr. Patrick Plötz, Leiter des Geschäftsfelds Energiewirtschaft am Fraunhofer ISI und Studienautor: „Diese neuen Standorte müssen aber eine ausreichende Netzleistung haben, wobei einige eine Kapazität von bis zu 12 Megawatt benötigen werden, um bis zu 20 MCS-Anschlüsse versorgen zu können.“ Dies verdeutlicht die Herausforderungen beim Energiebedarf und der Netzinfrastruktur, den die Elektrifizierung des europäischen Lkw-Güterfernverkehrs mit sich bringt.

Empfehlungen für optimale Standorte

Was die optimalen Standorte für Lkw-Ladestationen in Europa anbelangt, empfiehlt die Studie, den Fokus auf stark befahrene Strecken an wichtigen Verkehrsknotenpunkten zu legen. Wenn das Ladenetz später ausgebaut wird, können sukzessive Standorte auf weniger stark befahrenen Strecken hinzukommen.

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