Modulares 8DT-Sportgetriebe von ZF und Porsche

Auf Grundlage des neuen 8-Gang-Doppelkupplungsgetriebes 8DT entwickelte ZF gemeinsam mit Porsche einen modularen Hybrid-Getriebebaukasten. Dieser soll alle aktuellen und zukünftigen Antriebstrends für Sportfahrzeuge bedienen.

ZF 8DT
Das 8-Gang Doppelkupplungsgetriebe 8DT von ZF bildet die Basis eines neuen flexiblen Baukastensystems für Front-Längs-Standard-, Allrad- und Hybridantriebe. Bild: ZF Friedrichshafen AG

Das neue Sportgetriebe für Heck- oder Allradantrieb soll durch sehr schnelle Schaltzeiten, hohen Komfort und Effizienz sowie maximale Flexibilität überzeugen. Ein wesentliches Entwicklungsziel sei die optionale Elektrifizierung gewesen: Dank eines neuen Radsatzkonzepts kann ein 100 kW starkes Hybridmodul ohne Längenzuwachs im Vergleich zum aktuellen 7DT-Sportgetriebe integriert werden. Dies gilt auch für den optional integrierten Allradverteiler, der die Vorderachse verbrauchsoptimal via Hang-on-Prinzip antreibt. Zu der um bis zu 28 Prozent reduzierten Verlustleistung des Grundgetriebes tragen eine sehr hohe Spreizung von 11,17, der zusätzliche achte Gang sowie ein bedarfsgerechtes Beölungssystem bei. Die weiter optimierte elektronische Getriebesteuerung entwickelte und produziert ZF selbst. Das neue Getriebe läuft im ZF-Werk Brandenburg vom Band. In Serie startete das 8DT im neuen Porsche Panamera.

„Im neuen 8DT-Sportgetriebe vereinen wir blitzschnelle Schaltungen und sehr hohe Effizienz bis hin zum vollelektrischen Fahren mit der Flexibilität für verschiedene Varianten auf engem Bauraum – ohne Kompromisse einzugehen“, sagt Dr. Jürgen Greiner, Leiter Entwicklung Pkw-Getriebe der ZF Friedrichshafen AG. Sowohl die Drehmomentfestigkeit, die sportliche Performance und der Komfort als auch die Effizienz des neuen 8-Gang-Doppelkupplungsgetriebes seien  gegenüber dem aktuellen 7DT gestiegen – bei nahezu unverändertem Bauraumbedarf, wie man bei ZF betont. Die Entwickler konnten die Verlustleistung um bis zu 28 Prozent senken und die bereits sehr schnellen Schaltzeiten weiter optimieren. „Die ersten sechs Gänge und deren enge Stufung dienen der optimalen Beschleunigung bis zur Höchstgeschwindigkeit, die Gänge 7 und 8 sind dagegen als Overdrive ausgelegt, so dass sie die Drehzahl und damit den Spritverbrauch bereits ohne Elektrifizierung deutlich senken“, erläutert Greiner.

Vier unterschiedliche Varianten

Das neue 8-Gang-Doppelkupplungsgetriebe steht für Front-Längs-Konfiguration in vier unterschiedlichen Varianten (Standard, Allrad, Hybrid, Allrad-Hybrid) in jeweils drei Drehmomentklassen bis maximal 1.000 Nm bereit. Die Drehmomentklasse definiert sich dabei über unterschiedlich ausgelegte Doppelkupplungsmodule, das Grundgetriebe samt Radsatz bleibt stets unverändert. Dies gilt auch für die Getriebehydraulik, das Schaltungssystem, die Parksperre sowie das elektronische Steuergerät samt Software.

ZF 8DT Getriebe-Baukasten
Modularer Getriebebaukasten: Das 8DT steht für Front-Längs-Konfiguration in vier unterschiedlichen Varianten (Standard, Allrad, Hybrid, Allrad-Hybrid) in jeweils drei Drehmomentklassen bis zu 1.000 Nm bereit. Bild: ZF Friedrichshafen AG

Um das 8DT-Grundgetriebe möglichst kurz und kompakt zu gestalten, wurde ein neues Radsatzkonzept mit zwei Vorgelegewellen und einer Summierwelle konstruiert. Aus der weitgehenden Mehrfachnutzung der Festräder, die alle auf den Getriebeeingangswellen angeordnet sind, ergeben sich weniger Radebenen, wodurch das Grundgetriebe deutlich kürzer ausfällt. Erst dadurch konnte das Hybridmodul ohne Längenzuwachs in den begrenzten Bauraum integriert werden. Diese Radsatzarchitektur hat zudem den Vorteil, im Sinne des Baukastenprinzips neben Front-Längs-Anwendungen künftig weitere Antriebsstrang-Konfigurationen bedienen zu können.

Lokal emissionsfrei: Integrierte Hybridoption

Für die optionale Hybridvariante des neuen 8-Gang-Doppelkupplungsgetriebes hat ZF ein sehr kompaktes Hybridmodul maßgeschneidert: es integriert Torsionsdämpfer, Trennkupplung samt Aktuatorik sowie die elektrische Maschine und findet direkt in der Kupplungsglocke Platz. Die Abmessungen des Gesamtgetriebes verändert es nicht, sehr wohl aber dessen Eigenschaften: Mit 100 kW Spitzenleistung, 55 kW Dauerleistung und 400 Nm Drehmoment kann ein Fahrzeug rein elektrisch – also mit abgekoppeltem und abgeschaltetem Verbrennungsmotor – auf bis zu 140 km/h beschleunigt werden. Auch alle weiteren Hybridfunktionen werden dadurch möglich, vom Rekuperieren bis hin zum Boosten.

Mehr Sicherheit und Vortrieb: Integrierter Allradverteiler

Bei der Allradvariante des 8DT leitet ein integrierter Allradverteiler das Drehmoment bedarfsgeregelt an das Vorderachsgetriebe weiter. Die Hang-on Allradkupplung ist als nasslaufende Lamellenkupplung ausgeführt, dessen Lamellenpaket wird im Dauerschlupf betrieben. Je nachdem, welches Drehmoment gerade fahrsituationsabhängig an der Vorderachse gefordert ist, variiert der Kupplungsdruck. Dadurch reagiert das System äußerst spontan auf jede Fahrsituation.

Intelligente Mechanik: Neue elektronische Getriebesteuerung

Die elektronische Getriebesteuerung (EGS) und die Getriebe-software des 8DT wurden von ZF eigenständig entwickelt. Die EGS ist nicht integriert, sondern extern verbaut. Dies verhindert, dass die Elektronik die Höhe der Getriebesumpftemperatur limitiert – bis zu 150 Grad Celsius sind dadurch möglich.

Die elektronische Steuerung soll das 8DT nicht nur hochdynamisch, sondern stets auch möglichst effizient und verbrauchsoptimiert im Verbund mit anderen Systemen im Fahrzeug agieren lassen. In einem speziellen Eco-Modus senkt sie laut ZF in dafür geeigneten Fahrzuständen das Getriebe-Druckniveau und somit den Leistungsbedarf ab, „ohne den Komfort und die Performance zu beeinträchtigen“. Im Start-Stopp-Modus kann der Verbrennungsmotor bereits ab 10 km/h abgeschaltet werden, während das Fahrzeug ausrollt. Ferner ist Segeln mit abgestelltem Motor auch bei hohen Geschwindigkeiten möglich.

Für mehr Effizienz sorgt im 8DT auch das bedarfsgerecht und wirkungsgradoptimal arbeitende Beölungssystem, indem es jedes Teilgetriebe des Doppelkupplungsgetriebes separat und situationsabhängig versorgt. Mechanisch besteht es aus zwei Pumpen, die über das Hydraulik-Steuergerät gekoppelt sind. Für die Koordination und Regelung dieser komplexen Abläufe sorgt die in der Getriebesteuerung hinterlegte Software Cool Oil Flow Management (COFM). Diese ermittelt den jeweils aktuellen Volumenstrombedarf aller Getriebekomponenten kontinuierlich und abhängig vom Fahrzustand. Daraufhin stellt sie die benötigten Ölströme ein und berücksichtigt beide Pumpen zur bedarfsgerechten Versorgung. Zudem ermittelt das COFM den Kühlbedarf der Verzahnungen gangspezifisch und stellt den notwendigen Ölstrom immer jenem Teilgetriebe zur Verfügung, das sich gerade im Kraftfluss befindet.

[Quelle, Bilder: ZF Friedrichshafen AG]

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