Neue Baureihenstrategie von VW: „Eine neue Matrix der Fahrzeugentwicklung“

VW  hat seine Fahrzeugentwicklung neu strukturiert. Schnellere und kürzere Entscheidungswege sollen dabei zu einem progressiveren und effizienteren Gesamtprozess führen. Stärker denn je im Fokus stehen Teamarbeit und flache Hierarchien, wie der Konzern mitteilt.

Dr. Herbert Diess, Vorstandsvorsitzender der Marke Volkswagen: „Der Vorstand wird künftig viele unternehmerische Entscheidungen delegieren, um sie zu beschleunigen. Die Neustrukturierung der Baureihenorganisation spiegelt einen Paradigmenwechsel wider und ist ein Kernelement von ‚New Volkswagen‘.“ Das Ziel: Volkswagen zukunftssicher neu aufzustellen.

Vier neue Baureihengruppen

Im Detail werden die Kompetenzen in der Fahrzeugentwicklung fortan in den vier neuen Baureihengruppen „Small“, „Compact“, „Mid- & Fullsize“ sowie „e-Mobility“ mit jeweils einem Leiter gebündelt. Damit liegt die Verantwortung für die Technik, die Qualität, die Kosten, die Terminierung und die Wirtschaftlichkeit nun bei den Baureihengruppen; Ansprechpartner und Zuständigen sind so deutlich klarer strukturiert. Bislang waren diese Verantwortlichkeiten auf verschiedene Unternehmensbereiche und Modellgruppen verteilt. Die glasklare Matrix der neuen Baureihengruppen sorgt hingegen für höchste Transparenz und fortschrittlichste Lösungswege bei der Entwicklung neuer Fahrzeuge.

Teamarbeit in Projekthäusern

Die Mitglieder einer Baureihengruppe sind den jeweiligen Modellreihen (bei „Small“ beispielsweise up! und Polo) zugeordnet, wo sie in sogenannten Projekthäusern zusammenarbeiten. Rund 100 Spezialisten aus den relevanten Fachbereichen formieren sich in diesen Projekthäusern zu je einem Team. Dabei steuern sie den gesamten Lebenszyklus eines Modells. Dr. Diess: „Wir stellen so sicher, dass die unternehmerische Verantwortung für jedes Fahrzeugprojekt klar zugeordnet wird.“ Vier Personen sind es, die diese Verantwortung an vorderster Front übernehmen: Klaus-Gerhard Wolpert („Small“), Karlheinz Hell („Compact“), Dr. Elmar-Marius Licharz („Mid- & Fullsize“) und Christian Senger („e-Mobility“). Sie steuern die vier Baureihengruppen mit den hier zugeordneten Modellreihen und Projekthäusern. Karlheinz Hell erklärt dazu: „Die Baureihenorganisation geht über die Grenzen der Fachbereiche hinaus. In den Projekthäusern wird die Zusammenarbeit intensiviert und beschleunigt.“

Neuer Bereich „Strategie und Produkte“

Parallel wird der ebenfalls neue Bereich „Strategie und Produkte“ die jeweiligen Baureihenverantwortlichen als Partner begleiten. Hier werden seit Anfang 2016 unter anderem die Produktlaufzeiten und wichtige Produktereignisse – etwa Facelifts und neue Derivate – koordiniert.

Die vier neuen Baureihengruppen im Detail

Baureihengruppe „Small“: Das Spektrum der kleineren Volkswagen reicht vom up! bis zum Polo. Unter der Leitung von Klaus-Gerhard Wolpert (59) entstehen künftig alle denkbaren Derivate dieser Modellreihen. Dazu gehören die Schrägheckversionen und Limousinen ebenso wie etwa SUV. Klaus-Gerhard Wolpert ist ein anerkannter Volkswagen Experte; vor dem Einstieg in die Baureihengruppe „Small“ leitete er das Produktmanagement der Marke und des Konzerns.

Baureihengruppe „Compact“: Zu dieser Gruppe der Volkswagen Modelle gehören Welterfolge wie der Golf, Beetle, Touran und der Tiguan. Leiter Karlheinz Hell (52) hat es deshalb mit einer sehr großen Bandbreite an Modellreihen und Karosserieversionen zu tun. Bis zu seiner Berufung in die Baureihengruppe „Compact“ war Karlheinz Hell Konzern-Einkaufsleiter für den Bereich Elektrik/Elektronik.

Baureihengruppe „Mid- & Fullsize“: Die mittleren und großen Volkswagen verantwortet Dr. Elmar-Marius Licharz (45). Es sind Modelle wie der Passat, Magotan, Sharan und Touareg sowie ganz neue Fahrzeuge im Stile des Phideon und künftigen Midsize-SUV, die zum Spektrum der Baureihengruppe „Mid- & Fullsize“ zählen. Bevor Dr. Elmar-Marius Licharz 2016 die neue Funktion übernahm, leitete er das Produktcontrolling.

Baureihengruppe „e-Mobility“: Die ersten rein elektrisch betriebenen Modelle von Volkswagen sind der e-up! und der e-Golf. Auf der Basis des neuen Modularen Elektrifizierungsbaukasten (MEB) werden im nächsten Schritt e-Fahrzeuge mit weiter vergrößerter Reichweite folgen. Die 2015 in Las Vegas präsentierte Studie BUDD-e ist ein Beispiel für diese neue Generation von MEB-Modellen. Sie entstehen unter der Regie von Christian Senger (41), der zuvor bei der Continental AG den Bereich Automotive Systems and Technology geleitet hat. In seiner neuen Position unterstreicht er die Bedeutung der Bau-reihengruppen. Senger: „Volkswagen wird die e-Mobilität auf der Langstrecke für alle Kunden bezahlbar machen. Die neue Baureihenorganisation hilft uns dabei.“

Vorteile der neuen Matrix am Beispiel des Produktentstehungsprozess

Eigenverantwortung für mehr Schnelligkeit. Die neue Matrix der Baureihengruppen soll zahlreiche Vorteile freisetzen. Ein Beispiel laut VW: Bislang wurden für die Entwicklung der pro Jahr knapp 50 neu eingeführten Volkswagen Modelle – vom Start der sogenannten „Produkt-Mission“ (PM) bis zum „Start of Production“ (SOP) – 48 Monate benötigt. Dieser Zeitraum soll durch die neuen Baureihengruppen verkürzt werden, da die Entscheidungskompetenz der in die Prozesse integrierten Mitarbeiter gestärkt wurde. Exemplarisch sichtbar wird das mit einem Blick auf den „Produktentstehungsprozess“ (PEP). Er beschreibt die skizzierten 48 Monate der Entwicklung plus den Zeitraum bis zur Markteinführung eines neuen Modells und ist in 14 Meilensteine gegliedert. Zwei dieser Meilensteine sind wie dargestellt die „Produkt-Mission“ (PM) und der „Start of Produktion“ (SOP). Bislang gab es zehn Meilensteine, die dem Volkswagen Vorstand im „Produktstrategiekomitee“ (PSK) oder „Vorstandsausschuss Produkte“ (VAP) präsentiert wurden. Diese zehn Termine mit Vorstandsbeteiligung hat Volkswagen nun auf fünf reduziert und dabei parallel die PSK-Runden abgeschafft. Dr. Elmar-Marius Licharz: „Die Delegation von mehr Eigenverantwortung in die Baureihen führt zu schnellen Entscheidungen und hoher Motivation aller Projektmitarbeiter.“

Als Team in die Zukunft starten. Darüber hinaus stand bei der Neuorganisation der Entwicklung in Baureihengruppen im Fokus, das maximale Potenzial aller Mitarbeiter in „perfekt aufeinander abgestimmten“ Teams nutzen zu können. „Denn der Erfolg des Unternehmens ist immer eine Gemeinschaftsleistung der Organisation und somit das Ergebnis effizienter Zusammenarbeit, bei der die unterschiedlichen Interessen der beteiligten Fraktionen in Einklang gebracht werden“, skizziert Klaus-Gerhard Wolpert. Übergeordnet geht es dem Vorstandsvorsitzenden Dr. Herbert Diess zudem darum, VW effizient auf künftige Anforderungen auszurichten, die sich aus der fortschreitenden Digitalisierung, der Elektromobilität und den innovativen Wünschen der Kunden ergeben. Dr. Diess: „Die neue Baureihenorganisation ermöglicht ein zukunftsfestes Produktprogramm, denn sie stärkt die funktionsübergreifende Zusammenarbeit und steigert damit auch die Profitabilität der Marke.“

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