Das Testgelände von ATP Automotive Testing Papenburg

Unweit der niederländischen Grenze befindet sich im Emsland eines der wichtigsten Testzentren der Automobilindustrie. Auf rund 780 Hektar erstreckt sich das Automobil-Prüfgelände der ATP Automotive Testing Papenburg GmbH. Das bestens ausgestattete Testareal steht internationalen Automobilherstellern und -zulieferern seit 1998 für die Durchführung von Testfahrten zur Verfügung.

Obwohl ein Zutritt zum Gelände hauptsächlich nur Industriepartnern ermöglicht wird, konnten wir uns auf Einladung des Stoßdämpfer- und Fahrwerksspezialisten Bilstein umsehen.


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Das ATP-Testgelände

Das Gelände ist nahezu komplett von der Außenwelt abgeschottet, um den Kunden des ATP absolut geheime Testfahrten zu ermöglichen. Da trifft es sich gut, dass sich das Testgelände inmitten einer unwegbaren Moorlandschaft befindet. Mit der Johann-Bunte-Straße führt zwar eine öffentliche Straße geradewegs durch das Testareal, dennoch ist das ATP kaum einsehbar. An den Stellen, an denen dies dennoch nicht garantiert werden kann, warnen entsprechende Warnhinweise die Testfahrer und Entwickler.

Die Teststrecken des ATP

Auf einer Gesamtfläche von fast 800 Hektar stellt die ATP Automotive Testing GmbH seinen Kunden diverse Teststrecken zur Verfügung, die bestimmte Fahrsituationen oder konkrete Abschnitte des Straßenverkehrs simulieren sollen, etwa Nachbildungen von Autobahn- oder Highway-Abschnitten. Besonderen Augenmerk legt das Unternehmen dabei auf vollständige Reproduzierbarkeit der Ergebnisse. Das bedeutet einen besonderen Aufwand, um jeden Meter des ATP in seinem ursprünglichen Zustand zu erhalten. Die Nachbildungen des amerikanischen Freeway 710 in Los Angeles oder eines Autobahn-Abschnitts der A81 erfahren dabei eine erhebliche Pflege: Querfugen oder Risse im Asphalt der echten Vorbilder müssen im ursprünglichen Status erhalten bleiben.

  • Ovalrundkurs (ORK):
    Kurs mit überhöhten Kurven von bis zu 49,7 Grad, Seitenkraftfreie Kurvendurchfahrt bis 250 km/h
  • Handlingkurs „Kleiner Hockenheimring“:
    die exakte Nachbildung des kleinen Hockenheimrings ermöglicht rennstreckennahe Tests, Charakter der Strecke: „Landstraße in verdichteter Form“
ATP Papenburg Mercedes C-Klasse Hockenheim
Der kleine Hockenheimring des ATP: Moritz Nolte von „Automotive Technology“ im kontrollierten instabilen Fahrzustand in einer mit Bilstein-Fahrwerk ausgerüsteten Mercedes C-Klasse
  • Freeway:
    Nachbildung des US-amerikanischen Freeways „FW 710“ in Los Angeles, unter anderem ausgestattet mit Auswaschungen, Länge 1.400 m
  • Wunnenstein 1 und 2:
    1:1-Nachbildungen eines Autobahnabschnitts der A81 bei Wunnenstein in der Nähe von Heilbronn (Stand 1990), unter anderem ausgestattet mit Betonplatten mit Auswaschungen und Stuckeranregungen, Länge bis zu 2.050 m
  • Fahrdynamikfläche
  • Bremsmessstrecke:
    diverse, zum Teil bewässerte Strecken mit unterschiedlichen Straßenbelägen (etwa Asphalt, polierter Granit) und verschiedenen Fahrbahnhindernissen wie Bordsteinen, Querrinnen etc.
  • Dauerlaufkurse:
    je 12,4 km lange Rundkurse mit diversen Sonderstrecken, auf denen konkrete Straßen und Straßenzustände simuliert werden, darunter einige Landstraßen-Kilometer, Kanaldeckel, Querfungen, Spurrillen und Kuppen
  • Nasshandlingkurs:
    bewässerte Strecke auf einer Länge von 1,1 km mit unterschiedlichen Kurvenradien und Skid-Pad mit 40 m Radius


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  • Akustikstrecke:
    Messfläche für Fahrgeräusche nach DIN ISO 362
  • Steigungsstrecken:
    vier Steigungen mit 5%, 8%, 12% und 18%, zum Teil mit Sonderbelag polierter Granit
  • Verwindungsstrecke Twistroad:
    gegeneinander versetzte, sinusförmige Fahrbahnwellen zur Karosserie-, Fahrwerk- und Gesamtfahrzeugerprobung
  • Schrägfahrbahnen:
    Zwei Fahrbahnen mit jeweils 75 m Länge mit einem Neigungswinkel quer zur Fahrtrichtung von 15°

Zusätzlich existieren Schotter-, Kiesel- und Kopfsteinpflasterstraßen, sowie weitere Teststrecken, um fahrdynamische Situationen wie Heben/Nicken, Wanken zu testen.

Dienstleistungen des ATP

Das ATP ist außerdem mit modernen Werkstätten und Prüfständen ausgestattet und unterstützt bei Bedarf mit Engineering-Dienstleistungen des eigenen Ingenieursteams. Unter anderem in den Bereichen Reifen- und Bremsenerprobung, Fahrdynamik- und Fahrkomforterprobung oder NVH- und Akustikerprobung verfügt die ATP Automotive Testing Papenburg GmbH über entsprechendes Personal un Equipment.

Weiterhin bietet das ATP Fahrsicherheitstrainings und Trackdays auf dem kleinen Hockenheimring an.

Die Geschichte des ATP

Quelle: Wikipedia

  • 1995: Baubeginn des Prüfgeländes
  • 1997: Beginn Testbetrieb
  • 1998: Eröffnung des Prüfgeländes im Herbst. Baukosten: 130 Millionen Euro.
  • 2000: Wilhelm Karmann GmbH hat 60 Prozent der Anteile, 40 Prozent hat die MB-technology GmbH
  • 2002: Fertigstellung des Werkstattgebäudes
  • 2002: Fertigstellung des Prüfstandgebäudes
  • 2011: Vollständige Anteilsübernahme durch die MBtech Group

[Bildmaterial: ATP Automotive Testing Papenburg GmbH, Google Maps]

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2 Kommentare

  1. Daneben bietet das Prufgelande Papenburg uneingeschrankte Prototypensicherheit und Informationsschutz.

  2. Im Sommer hielten sich bis zu 100 Menschen im Camp auf; im Winter lebten zeitweise nur 3 bis 4 Personen darin. Nach der Raumung des Huttendorfs 1995 begann der Bau der Teststrecke, die seit 1998 unter Automotive Testing Papenburg firmiert.

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