Bosch präsentiert auf der IAA 2015 in Frankfurt erneut eine Fülle innovativer Neuigkeiten. Der Technologiekonzern zeigt Mitte September Lösungen für das elektrifizierte, automatisierte und vernetzte Auto von morgen.
Dieseleinspritzung: Bosch erhöht den Druck beim Diesel auf 2 700 bar. Ein höherer Einspritzdruck ist ein wesentlicher Faktor, um die Stickoxid- und Partikel-Rohemissionen eines Motors zu senken. Je höher der Druck ist, desto feiner kann der Kraftstoff zerstäubt werden und desto besser mischt er sich mit der Luft im Zylinder. So kann der Kraftstoff möglichst vollständig und sauber verbrennen.
Digital Rate Shaping: Mit dieser neuen Diesel-Technologie werden gleichzeitig Emissionen, Kraftstoffverbrauch und Verbrennungsgeräusch deutlich reduziert. Anders als bei der bisherigen Pilot- und Haupteinspritzung wird der Einspritzvorgang in viele kleine Kraftstoffinjektionen unterteilt. Das macht ein weiches Brennverfahren mit sehr kurzen Abständen zwischen den einzelnen Einspritzungen möglich.
Benzindirekteinspritzung: Bosch erhöht den Druck bei Benzinern auf 350 bar. Dies ermöglicht eine verbesserte Kraftstoffzerstäubung, effizientere Gemisch-Aufbereitung, reduzierte Wandfilmbildung und kürzere Einspritzzeiten. Die Maßnahmen führen zu einer erheblichen Verringerung der Partikel-Emissionen gegenüber einem 200-bar-System. Vorteile hat das 350-bar-System insbesondere bei hohen Lastpunkten und dynamischem Motorbetrieb – also bei starkem Beschleunigen oder hohen Geschwindigkeiten.
Turboaufladung: Das Luftsystem eines Motors leistet einen wesentlichen Beitrag, um anspruchsvolle Abgasnormen zu erfüllen. Durch ein gezieltes Zusammenspiel von Aufladung, Abgasrückführung sowie den entsprechenden Steuergerätefunktionen lassen sich die Motorrohemissionen (unter anderem von Stickoxiden) auch in realen Fahrsituationen nochmals deutlich reduzieren. Darüber hinaus lässt sich der Kraftstoffverbrauch im europäischen Fahrzyklus um weitere zwei bis drei Prozent senken.
Variable Turbinengeometrie: Bosch Mahle Turbo Systems (BMTS) hat eine neue Generation der verstellbaren Turbinengeometrie (VTG) bei Abgasturboladern entwickelt, deren Prinzip in Zukunft auch im Ottomotor breitere Anwendung finden kann. Der wesentliche Durchbruch: Die Lader verformen sich bei höheren Temperaturen weniger stark und halten auch Dauerbelastungen von 900 Grad Celsius Stand – BMTS arbeitet sogar an Exemplaren, die einer Belastung bis 980 Grad Celsius Stand halten. Mit der neuen Technik werden Motoren leistungsstärker oder sparsamer. Das gilt auch für Diesel: Durch eine geringere Leitschaufelspalte erhöht sich der Wirkungsgrad der variablen Turbine nochmals.
Vernetzter Partikelfilter: Durch Vernetzung kann Bosch die Regeneration des Partikelfilters über den elektronischen Horizont steuern, also auf Basis vorausschauender Navigationsdaten. Das kann zum Beispiel heißen: Der Filter regeneriert sich vorausschauend auf der Autobahn, um im Stadtverkehr mit seiner vollen Leistungsfähigkeit zur Verfügung zu stehen.
Vorausschauender Antrieb: Der elektronische Horizont liefert eine detaillierte Streckenvorschau. Die Navigationssoftware weiß, dass in wenigen Kilometern beispielsweise eine Innenstadt oder verkehrsberuhigte Zone kommt. Um sie rein elektrisch und damit emissionsfrei zu durchfahren, lädt das Fahrzeug vorher die Batterie auf. In Zukunft werden die Navigationsdaten auch mit den aktuellen Verkehrsinformationen aus dem Internet ergänzt, so weiß das Fahrzeug auch, wo Staus oder Wanderbaustellen sind.
Aktives Gaspedal: Bosch hat mit dem aktiven Gaspedal eine technische Hilfe zum Spritsparen entwickelt: Ein sanftes Vibrieren zeigt dem Fahrer die verbrauchsoptimale Gaspedalstellung an. Damit hilft die Technik, bis zu sieben Prozent Kraftstoff zu sparen. In Verbindung mit Assistenzsystemen wie der Adaptive Cruise Control wird das Pedal zum Warnzeichen: Gekoppelt mit dem Navigationssystem oder einer Kamera zur Verkehrszeichenerkennung gibt die Bosch-Innovation dem Fahrer mit einem Vibrieren zu erkennen, wenn er sich zum Beispiel zu schnell einer gefährlichen Kurve nähert.
Elektrifizierung: Mehr Reichweite durch konsequente Systemoptimierung
Lithium-Ionen-Technologie: Damit Elektroautos in den nächsten Jahren immer weiter aus der Nische fahren, müssen sie nochmals deutlich günstiger werden. Ein Schlüssel dazu ist die Batterietechnologie: Bosch erwartet, dass Energiespeicher bis 2020 bei doppelter Energiedichte höchstens nur noch halb so viel kosten werden wie heute. An der nächsten Generation der Lithium-Ionen-Batterie forscht Bosch zusammen mit GS Yuasa und Mitsubishi Corporation im Joint Venture Lithium Energy and Power.
Batteriesystem: Bei Hochleistungs-Batterien treibt Bosch die Entwicklung mehrerer Ansätze voran. Das neuartige Batteriemanagement von Bosch als Teil des Batteriesystems überwacht und steuert die Zellen im Gesamtsystem. Ein intelligentes Batteriemanagement kann die Reichweite eines Autos um bis zu zehn Prozent erhöhen.
Thermomanagement für Elektrofahrzeuge: Die Reichweite eines Elektrofahrzeuges lässt sich nicht einzig mit einer größeren Batterie steigern. Denn Klimaanlage und Heizung können die Reichweite deutlich reduzieren. Bosch präsentiert nun ein intelligentes Klimamanagement, welches wesentlich effizienter arbeitet als bisherige Varianten und die Reichweite um bis zu 25 Prozent erhöhen kann. Über regelbare Pumpen und Ventile werden im Fahrzeug Wärme und Kälte dort aufgenommen, wo sie anfallen, also beispielsweise bei der Leistungselektronik. Die Wärme kann dann beispielsweise zum Heizen des Innenraums genutzt werden. Durch dieses ganzheitliche Thermomanagement wird der Leistungsbedarf des Heizsystems im Winter um bis zu 60 Prozent reduziert.
48-Volt-Hybrid: Bosch präsentiert auf der IAA 2015 die zweite Generation seines 48-Volt-Hybrids. Die weiterentwickelte Einstiegselektrifizierung spart bis zu 15 Prozent Kraftstoff und liefert zusätzliche 150 Newtonmeter Drehmoment. Die elektrische Maschine ist bei der zweiten Generation ins Getriebe integriert. Sie und der Verbrenner sind durch eine Kupplung trennbar und können somit unabhängig voneinander Leistung an die Räder abgeben. Damit ist rein elektrisches Einparken oder auch kurzzeitig rein elektrisches Fahren, zum Beispiel im Stop-and-go-Verkehr, möglich.
Ausweichassistent: Autofahrer, die einem Hindernis ausweichen müssen, unterstützt der Ausweichassistent. Dazu erkennen und vermessen Radar- und Videosensoren das Hindernis. Mit einem gezielten Lenkeingriff unterstützt der Assistent auch ungeübte Fahrer beim Ausweichen. Dadurch wird der maximale Lenkeinschlag 25 Prozent schneller erreicht und ein sicheres Fahrverhalten in einer für den Fahrer sehr komplexen Situation ermöglicht.
Linksabbiegeassistent: Beim Linksabbiegen über die Gegenfahrbahn können entgegenkommende Verkehrsteilnehmer schnell übersehen werden. Der Linksabbiegeassistent überwacht mit zwei Radarsensoren in der Fahrzeugfront den entgegenkommenden Verkehr. Ist die Lücke zum Abbiegen zu klein, hindert das System das Fahrzeug am Losfahren. Oder der Abbiegevorgang wird rechtzeitig vor einer drohenden Kollision mit einem entgegenkommenden Fahrzeug mit Hilfe einer automatischen Notbremsung abgebrochen.
Stauassistent: Der Stauassistent basiert auf der Sensorik und Funktionsweise von ACC Stop & Go und dem Spurhalteassistenten. Bis Tempo 60 folgt das System in dichtem Verkehr selbstständig dem vorausfahrenden Fahrzeug. Dazu übernimmt der Stauassistent das Gasgeben und Bremsen. Zudem hält er das Auto mit Lenkkorrekturen in der Spur. Der Fahrer wird entlastet und muss das System nur überwachen.
Autobahnpilot: Der Autobahnpilot ist eine hochautomatisierte Fahrfunktion und übernimmt bei Autobahnfahrten die komplette Fahraufgabe. Voraussetzungen dafür sind unter anderem eine zuverlässige Erfassung des kompletten Fahrzeugumfelds über Sensoren, hochgenaue und aktuelle Kartendaten sowie leistungsfähige, miteinander vernetzte Steuergeräte. Sobald der Autofahrer auf die Autobahn aufgefahren ist, kann er die Funktion aktivieren und sich zurücklehnen. Rechtzeitig bevor die hochautomatisierte Fahrt endet, informiert der Autobahnpilot den Autofahrer und fordert ihn auf, sich für die Rücknahme des Steuers vorzubereiten. Bosch erprobt die Funktion bereits mit Testfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr. Vorausgesetzt, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen – vor allem Wiener Straßenverkehrskonvention, UNECE-Regelung R 79 – angepasst werden, könnte der Autobahnpilot 2020 serienreif sein.
Stereo-Videokamera: Mit nur zwölf Zentimeter Abstand zwischen den optischen Achsen der beiden Objektive ist die Stereo-Videokamera von Bosch das kleinste Stereokamerasystem für automobile Anwendungen am Markt. Sie erkennt zum Beispiel Objekte, Fußgänger, Verkehrszeichen, Freiflächen und ist eine Einzel-Sensorlösung für viele Assistenzsysteme. Im Jaguar XE und im Land Rover Discovery Sport kommt sie bereits serienmäßig zum Einsatz. Beide Fahrzeuge realisieren auf Basis der Kamera unter anderem ein Notbremssystem für den Stadt- und Überlandverkehr (AEB City, AEB Interurban). Bei Fahrdemonstrationen im Rahmen der New Mobility World zeigen Jaguar Land Rover und Bosch prototypisch weitere Funktionen, die sich allein mit der Stereo-Videokamera realisieren lassen. Dazu gehören neben einem Fußgängerschutz auch ein Baustellenassistent sowie ein Assistent zur Ermittlung von Durchfahrtshöhen.
Aktives Parkraum-Management: Mit dem aktiven Parkraum-Management erleichtert Bosch Autofahrern die Parkplatzsuche und hilft Parkhausbetreibern bei der Auslastung ihrer Stellplätze. Am Boden installierte Sensoren erkennen, ob ein Parkplatz belegt ist oder nicht. Diese Information leiten die Sensoren per Funk an einen Server weiter, wo sie in eine Echtzeit-Karte eingetragen wird. Diese Karte ist dann für Autofahrer zum Beispiel auf dem Smartphone oder im Internet abrufbar. Freie Parkplätze können so gezielt angesteuert werden.
Anhänger-Rückfahr-Assistent: Mit dem Anhänger-Rückfahr-Assistent können Autofahrer ihr Fahrzeug mit Anhänger bequem per Smartphone oder Tablet-Computer von außen steuern. Die Basis bilden dabei Schnittstellen zur elektrischen Servolenkung, zum Bremssystem und Motormanagement, zum automatischen Getriebe und einer Knickwinkelmessung. Per App kann der Fahrer außerhalb des Fahrzeugs Fahrtrichtung und Geschwindigkeit vorwählen. Mit dem Finger kann er dann den Anhängerwinkel steuern und das Gespann sicher einparken.
Community-based Parking: Parkplätze am Straßenrand sind vor allem in Wohngebieten oder Innenstädten heiß begehrt. Mit Community-based Parking nimmt Bosch Autofahrern die Suche nach einer passenden Parklücke ab: Im Vorbeifahren erkennt und vermisst das Auto Lücken zwischen parkenden Fahrzeugen. Dabei nutzt es die Sensoren der Einparkhilfe. Die erfassten Informationen werden in eine digitale Straßenkarte übertragen. Mit Hilfe intelligenter Informationsverarbeitung plausibilisiert Bosch die Daten und trifft eine Vorhersage zur Parkplatzsituation. Fahrzeugen, die sich in der Nähe befinden, steht die digitale Karte in Echtzeit zur Verfügung. Damit können Autofahrer geeignete Parklücken gezielt ansteuern. Anhand der ermittelten Parkplatzgröße ist zudem eine fahrzeugspezifische Suche für zum Beispiel Kleinwagen oder Wohnmobile möglich. Je mehr Autos am Community-based Parking teilnehmen, umso detaillierter und aktueller ist die Karte.
Multikamerasystem: Vier im Fahrzeug installierte Nahbereichskameras geben Autofahrern einen guten Überblick beim Parken und Rangieren. Die Kameras erfassen mit einem Öffnungswinkel von jeweils 190 Grad das komplette Fahrzeugumfeld. Dank spezieller Visualisierungstechnik erscheint das Bild auf dem Bordmonitor dreidimensional und fast komplett verzerrungsfrei. Zudem kann der Autofahrer die Perspektive frei wählen und selbst kleine Hindernisse im Parkraum präzise erkennen.
Vollautomatisiertes Parken: Automated Valet Parking heißt die Funktion, mit der Bosch Autofahrern nicht nur die Suche nach einem Parkplatz abnimmt, sondern das Auto auch alleine parken lässt. Dazu stellen Autofahrer ihr Fahrzeug im Einfahrtsbereich eines Parkhauses ab. Per Smartphone-App geben sie ihm dann den Befehl, sich selber einen Stellplatz zu suchen. Genauso kommt das Auto auf Wunsch auch wieder vorgefahren. Möglich wird das vollautomatisierte Parken unter anderem mithilfe einer intelligenten Parkhaus-Infrastruktur, der Bordsensorik des Fahrzeugs und der Vernetzung von beidem. Auto und Parkhaus kommunizieren miteinander: Belegungssensoren melden zum Beispiel ganz genau, wo welche Stellplätze frei sind, damit das Auto dorthin geführt werden kann. Bosch entwickelt alle benötigten Komponenten für das vollautomatisierte Parken im eigenen Haus.
Anzeigesysteme: Navigationssysteme, neue Fahrzeugsensoren und -kameras sowie die Anbindung des Autos ans Internet liefern Autofahrern eine Vielzahl an Informationen. Anzeigesysteme müssen Informationen daher priorisieren und so darstellen, dass sie möglichst intuitiv erfasst werden können. Dies ermöglichen die frei programmierbaren Displays von Bosch. Sie sind nicht mehr mechanisch, sondern bilden auf einem hochauflösenden Display flexibel und situationsbezogen alle relevanten Informationen elektronisch ab. Ergänzen lässt sich diese Technik mit dem Combiner Head-up-Display von Bosch, das die wichtigsten Informationen direkt im Blickfeld des Fahrers anzeigt.
Des Weiteren zeigt Bosch ein innovatives Bedienkonzept, bei dem die visuelle und akustische Interaktion durch haptische Elemente ergänzt wird. Beim Bedienen von Touchscreen-Bildschirmen erhält der Finger eine haptische Rückmeldung, die sich wie eine Taste anfühlt. Diese virtuelle Taste muss dann zum Betätigen fester gedrückt werden. Der Fahrer wird weniger abgelenkt, ein Kontrollblick ist nicht mehr erforderlich.
Connected Horizon: Der elektronische Horizont liefert bereits heute Daten zu Steigungen und Kurvenradien, welche die Navigationsdaten ergänzen. Künftig liefert der vernetzte Horizont zusätzlich aktuelle, also dynamische Daten beispielsweise zu Staus, Unfällen und Wanderbaustellen. Mit ihnen ist der Fahrer noch vorausschauender und sicherer unterwegs.
Mit mySPIN bietet Bosch eine attraktive Lösung zur Smartphone-Integration, die eine perfekte Einbindung in das Fahrzeug und so eine sichere Bedienung gewährleistet. Damit lassen sich präferierte Apps sowohl für iOS als auch für Android-Smartphones sicher und in gewohnter Weise weiter nutzen. Die Apps werden auf die relevanten Informationen reduziert, über das Fahrzeugdisplay angezeigt und gesteuert. Sie sind speziell für die Nutzung während der Fahrt geprüft, so dass sie für so wenig Ablenkung wie möglich sorgen – und damit für maximale Sicherheit.
Falschfahrerwarnung: Allein in Deutschland werden im Radio jedes Jahr rund 2 000 Warnungen vor Falschfahrern gesendet. Meist erfolgt diese Warnung aber zu spät, denn die durchschnittliche Geisterfahrt endet nach 500 Metern – und das schlimmstenfalls tödlich. Bosch entwickelt eine neue cloudbasierte Lösung, die künftig bereits nach gut zehn Sekunden warnen soll. Als reines Software-Modul kann die Warnung zudem günstig in bestehende Infotainment-Systeme oder auch Apps integriert werden.
Drivelog Connect: Das Mobilitätsportal Drivelog bietet mit Drivelog Connect eine Vernetzungslösung auch für ältere Autos. Hierfür wird lediglich ein kompaktes Funkmodul, ein sogenannter Dongle, sowie eine App auf dem Smartphone benötigt. Diese gibt beispielsweise Tipps zur ökonomischen Fahrweise, sie stellt Fehlercodes in verständlicher Sprache dar und kann bei Pannen einen Abschleppdienst und eine Werkstatt kontaktieren.