Daimlers Wette auf die Zukunft: Die Thesen der „Ambition 2039“

Die deutschen Automobilhersteller treiben die emissionsfrei Mobilität – mehr oder weniger notgedrungen – voran. Die Daimler AG will dabei Vorreiter sein: Der zukünftige Vorstandsvorsitzende Ola Källenius verriet jetzt erste Eckpunkte einer kommenden Geschäftsstrategie – Motto: „Ambition 2039“. Emissionsfreie Mobilität und Nachhaltigkeit werden darin als Voraussetzung für den unternehmerischen Erfolg des Konzerns gesehen. Die Thesen im Wortlaut.

 

Ola Källenius, derzeit noch als Vorstandsmitglied verantwortlich für Konzernforschung und Mercedes-Benz Cars Entwicklung, stellte unter der Überschrift „ Ambition 2039“ bei einer Presseveranstaltung Eckpunkte einer neuen Strategie und Ziele für den Pkw-Bereich vor. Das sind seine Thesen, Versprechen und Eckpfeiler der neuen neuen Strategie;

 

„Ambition 2039“ soll Kunden Umstieg auf klimafreundliche Mobilität geben

Ola Källenius:

„First Move the World“ – das ist unser Purpose bei Mercedes-Benz Cars. Das ist der tiefere Sinn unserer Arbeit, unser Antrieb, unser „wozu“. „First Move the World“ bedeutet, mehr zu verfolgen als das Unmittelbare. Dieser Pioniergeist ist Teil unserer DNA. Deshalb ist es auch ein Eckpfeiler der neuen nachhaltigen Geschäftsstrategie, an der wir gerade arbeiten. Diese Strategie hat mehrere Dimensionen, aber eines der entscheidenden Themen ist unser CO2-Fußabdruck. Bei Mercedes-Benz streben wir nach dem Besten; unsere Kunden erwarten von uns nachhaltige und faszinierende Produkte. Eine der Schlüsselfragen lautet deshalb: Was tun wir, damit unsere Kunden in Zukunft auf klimaneutrale Mobilität umsteigen können? Die Antwort ist unsere „Ambition2039“

 

CO2-neutrale Neuwagen-Flotte in 20 Jahren

Ola Källenius:

Was bedeutet das für uns? Einen fundamentalen Wandel unseres Unternehmens in weniger als drei Produktzyklen. Das ist kein langer Zeitraum, wenn man bedenkt, dass fossile Treibstoffe unsere Industrie dominierten, seit Carl Benz und Gottlieb Daimler vor mehr als 130 Jahren das Auto erfunden haben. Aber als Unternehmen, das von Ingenieuren gegründet wurde, glauben wir: Technologie kann dazu beitragen, eine bessere Zukunft zu gestalten. Unser Weg zur nachhaltigen Mobilität ist Innovation – in einem ganzheitlichen Ansatz entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Bis 2030 wollen wir mehr als die Hälfte unserer Autos mit Elektroantrieb verkaufen – hierzu zählen vollelektrische Fahrzeuge und Plug-in Hybride. Wir werden unseren Kunden weiterhin Leistung und Luxus von Mercedes bieten. Gleichzeitig wollen wir die CO2-Emissionen pro Fahrzeug deutlich reduzieren. Daran arbeitet unser RD-Team gemeinsam mit etablierten Partnern und Start-ups, um die Elektro-Performance weiter zu steigern und die Kosten zu senken. Im Sinne der Ganzheitlichkeit bauen wir auch unsere Mobilitätsdienste kontinuierlich aus, um die Nutzung von E-Mobilität zu verbreiten. Neben den Pkw elektrifizieren wir unsere Transporter, Lkw und Busse. Dabei ist dank unseres modularen Entwicklungsansatzes ein schneller Technologietransfer zwischen den Divisionen möglich. Aktuell liegt unser Fokus auf der batterieelektrischen Mobilität. Gleichzeitig bleibt es wichtig, an weiteren Lösungen zu arbeiten, wie etwa der Brennstoffzelle oder E-Fuels. Ein Beleg dafür ist unser GLC F-CELL. Diese Technologie wird auch in unseren Stadtbussen zum Einsatz kommen. Heute kann niemand mit Sicherheit sagen, welcher Antriebsmix in 20 Jahren die Bedürfnisse unserer Kunden am besten erfüllen wird. Deshalb wollen wir die Politik darin bestärken, der Technologieneutralität den Weg zu bereiten: Lasst uns das Ziel festlegen, aber nicht die Mittel, um es zu erreichen.

 

CO2-neutrale Produktion

Ola Källenius:

Unsere Factory 56 gibt die Richtung vor: Diese neue Fabrik im Werk Sindelfingen nutzt erneuerbare Energien und wurde von Beginn an CO2-neutral geplant. Im nächsten Schritt werden alle unsere europäischen Werke bis 2022 folgen. Wie gut sich Nachhaltigkeit und Kosteneffizienz in Einklang bringen lassen, zeigt beispielhaft unser neues Werk im polnischen Jawor. Mit Windkraft fertigen wir dort nicht nur grüner, sondern auch wirtschaftlicher, als es an diesem Standort mit konventionellem Strom möglich wäre. Auch unseren EQC im Werk Bremen und unsere Batterien im sächsischen Kamenz werden wir mit Strom aus regenerativen Quellen produzieren. Eine ganzheitliche Betrachtung der CO2-Einsparungen umfasst zudem das Recycling von Rohstoffen. Mercedes-Fahrzeuge haben eine potenzielle Recyclingquote von 85 Prozent. Wir bewegen uns also von einer Wertschöpfungskette zu einem Wertschöpfungskreislauf. Wir wollen, dass auch unsere Lieferanten diesem Anspruch folgen.

 

CO2 wird zu einem wichtigen Kriterium für Lieferantenentscheidungen und -verträge

Ola Källenius:

Es ist uns wichtig, die Umsetzung unseres Ziels der Klimaneutralität auch bei unseren Lieferanten und Partnern voranzutreiben. Ausgangspunkt ist die Schaffung von Transparenz. Zu diesem Zweck arbeiten wir mit Organisationen wie CDP zusammen, um die Umweltauswirkungen unserer Lieferkette zu bewerten. In einem weiteren Schritt führen wir zurzeit Workshops mit Lieferanten durch, um effektive CO2-Reduktionsmaßnahmen zu identifizieren. Wir haben uns vorgenommen, CO2-Ziele zu einem wichtigen Kriterium für Lieferantenentscheidungen und -verträge zu machen.

 

Kunden für klimaneutrale Mobilität und emissionsfreies Fahren begeistern

Ola Källenius:

Strom ist im Lebenszyklus eines Elektroautos in einigen Regionen eine sehr signifikante CO2-Quelle – abhängig davon, wie er erzeugt wird. Wir wollen unsere Kunden dazu inspirieren, ihre grünen Fahrzeuge mit grünem Strom zu laden. Mit Mercedes Me Charge zum Beispiel ermöglichen wir es den Autofahrern, ihre Fahrzeuge bequem an vielen verschiedenen öffentlichen Stationen in Europa zu laden, wo immer möglich mit Energie aus erneuerbaren Quellen. Aber der Wandel zur nachhaltigen Mobilität der Zukunft wird nur gelingen, wenn Autoindustrie, Energieversorger und Politik Hand in Hand arbeiten. Es bedarf massiver Investitionen und konkreter Maßnahmen auch über die Automobilbranche hinaus. Klimaneutrale Energie und eine umfassende Infrastruktur sind für diesen Systemwechsel unerlässlich. Und wir sind offen für eine Diskussion über die wirksame Bepreisung von CO2und Anreize für kohlenstoffarme/-freie Technologien – möglichst auf globaler Ebene.

 

Angriff ist die beste Verteidigung

Ola Källenius:

Für uns ist das Pariser Klimaabkommen mehr als eine Verpflichtung – es ist eine Überzeugung. Und wir haben einen klaren Kurs gesetzt, um unseren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Allerdings ist diese Transformation eine riesige Herausforderung – technologisch wie finanziell. Schließlich wollen wir nachhaltige Mobilität noch aufregender machen, nicht teurer. Und natürlich geht es uns dabei auch um nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg. Wie gehen wir also damit um? Eine Möglichkeit wäre, sich wegzuducken und zu versuchen, den Status quo zu sichern. Aber das würde unserem Purpose nicht gerecht werden – und schon gar nicht unserer Zukunft dienen. Wir wollen lieber das tun, was unsere Gründer getan haben: Sie wurden zu Systemarchitekten einer neuen Mobilität ohne Pferde. Unser Auftrag heute ist die individuelle Mobilität ohne Emissionen.

 

Teile der Vorstandsvergütung werden an die Erreichung der Nachhaltigkeitsziele gekoppelt

Ola Källenius:

Um zu unterstreichen, dass wir es ernst meinen, koppeln wir Teile der Vorstandsvergütung an die Erreichung unserer Nachhaltigkeitsziele, einschließlich unseres CO2-Fußabdrucks. Wir alle müssen unsere Komfortzonen verlassen, um auf neuen Wegen voranzukommen. Dabei streben wir selbstverständlich einen engen Schulterschluss mit unseren Mitarbeitern und deren Vertretung an. Diese Transformation ist die Aufgabe unserer Generation. Und ich bin absolut zuversichtlich: Wir haben das richtige Team, um sie erfolgreich zu meistern. Diese Strategie wird dazu beitragen, unsere Spitzenposition in der Autoindustrie zu behaupten.

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